Vom Heute ins Gestern und vom Gestern, das durch das Betreten zu meinem Heute wird, zurück ins Morgen, das, bevor ich es verlassen habe, bereits mein Heute war und es jetzt wieder wird.
Von Rafael
Alles klar? Nein, das ist nicht eine pseudophilosophische Abhandlung über die Zeit, wir befinden uns ganz einfach auf dem 180. Längengrad, auch bekannt unter dem Namen «die Datumsgrenze». Ja klar, die offizielle Datumsgrenze verläuft nicht durch Fidschi, genau genommen wurde sie östlich von Kiribati in den Pazifik verbannt. Dadurch lassen wir uns den Spass aber keineswegs verderben, denn der 180. Längengrad bleibt der 180. Längengrad. Gekennzeichnet durch eine unscheinbare Tafel trennt er die Insel Taveuni in Heute und Gestern, oder je nach Seite, auf der man gerade steht in Heute und Morgen.
Ja, Ihr habt richtig gelesen, wir haben es doch noch auf die Garteninsel Taveuni geschafft. Es handelt sich dabei durchaus um eine reale irdische Insel. Nach unseren unzähligen fehlgeschlagenen Versuchen, die Insel zu erreichen, hatten wir schon fast geglaubt, es könnte sich um den biblischen Ort Garten Eden handeln, den man als irdischer Sünder gar nicht erreichen kann. Nach einer Woche intensivem Erkunden kann ich aber sagen, die Insel kommt meiner Vorstellung vom Paradies schon sehr nahe.
«Welcome to the Pacific way» steht vorne über der Frontscheibe. Die Raggaemusik mit fidschianischen Texten ist ohrenbetäubend, die fehlenden Fensterscheiben ersetzen die Klimaanlage, die Zugluft ist herrlich. Wir erkunden die Insel mit dem Bus auf meist unasphaltierten Strassen.
Wir schlendern im Schatten von riesigen orchideenbewachsenen Bäumen und Tausenden von Kokospalmen am Strand entlang. Wir baden in natürlichen Schwimmbecken mitten im Dschungel, in die sich herrlich erfrischende Wasserfälle ergiessen. Wir bauen mit krausköpfigen Inselkindern Sandschildkröten am Strand. Das ist Lavena, ein kleines Dorf ganz am östlichen Ende der Inselstrasse.
Am Sonntag trinken wir Kava mit den Einheimischen, in geselliger Runde. Kava, ein milchiges Wurzelgebräu, getrunken aus Kokosnussschalen, es schmeckt bitter und lässt die Zunge taub werden. Eine Schale des zeremoniellen Getränks reicht mir da vollkommen aus.
Wir wandern in der Mittagshöllenhitze zu den Blowholes im Süden der Insel, wo Wellen gegen die Lavaküste prallen und als Fontänen aus Löchern im Lavagestein in die Höhe schnellen. Der Gischt ist eine willkommene Abkühlung.
Wir besuchen das Dorf Navakawau am anderen Ende der Inselstrasse, wo die ganze Bevölkerung mit Aufräumen beschäftigt ist. Montag ist eben Community-Tag, ich hatte mich schon gefragt, wie die Fidschianer ihre Dörfer so blitzsauber halten.
Wir lernen, wie man schwarze Perlen züchtet und erschnorcheln die Unterwasserwelt in der Lagune. Wir rutschen moosbewachsene kleine Wasserfälle hinunter, die blauen Flecken, die wir uns dabei holen, trüben das Vergnügen keineswegs.
Und am letzten Tag auf Taveuni wandern wir zu einem Aussichtspunkt hoch oben am Berg. Zwei Jungs aus dem Dorf samt Hund zeigen uns den Weg. Es herrscht Hundewetter, doch wir stapfen tapfer durch den Regen und den gleichnamigen Wald. Das dichte Blätterdach über uns vermag die Tropfen auch nicht aufzuhalten. Wir versinken im Schlamm und werden so richtig aufgeweicht, ich glaube sogar, beim Schnorcheln am Tag zuvor wurden wir weniger nass. Tja, es regnet halt auch manchmal im Paradies.
Freundliche Menschen, die uns fast durchwegs mit breitem Grinsen und einem herzlichen «Bula!» grüssen. Riesige Fledermäuse, die Früchte fressen. Rotgestreifte Eidechsen mit blauen Schwänzen. Krebse, die in den Bergen leben und Fische, die sich an Land wagen. Taveuni, eine kleine Insel am Ende der Zeit, wo der Regenbogen das Meer berührt, ich habe es selber gesehen.
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