Anfang August hatten wir das Vergnügen, zu viert durch Südalaska und das südliche Yukon-Territorium zu reisen. Mit unserem Besuch aus der Schweiz entdeckten wir untouristische Orte und eine Fülle an wildlebenden Tieren.

Von Rafael

Einst warteten hier an diesem Pier von Skagway Goldsucher auf das Eintreffen des nächsten Schiffes und Neuigkeiten aus der Heimat. Etwas über 100 Jahre später stehen Olivia und ich am selben Pier und warten mit freudiger Erwartung auf das Eintreffen der Fähre des Alaska Marine Highway. Ich halte ein Kartonschild mit der Aufschrift «Willkommen in Alaska». Ja, wir erwarten Besuch aus der Schweiz, mein Vater Peter und seine Freundin Edith kommen uns besuchen. Die nächsten zehn Tage werden wir zu viert weiter nach Norden reisen.

Eingebettet zwischen hohen Bergen, ganz am Ende eines langen Fjords, war Skagway der nächste Hafen zu den Goldfeldern im Klondike, tief in Kanadas Yukon. Der echte Goldrausch dauerte hier zwar nur kurz, der Spuk war nach gut einem Jahr schon wieder vorbei, doch Skagway scheint heute mehr als je zu davon zu profitieren. Jeden Tag wird eine Horde von bis zu 10'000 Individuen der Spezies «gemeiner Kreuzfahrttourist» auf das 800-Seelen-Kaff losgelassen. Nicht gerade ein Ort, an dem Olivia und ich uns wohl fühlen. Deshalb flüchten wir mit unserem Besuch in den nächsten Fjord ins niedliche, verschlafene Dorf Haines.

Haines – wunderbar untouristisch

Wir besuchen die South East Alaska State Fair. Tönt riesig, ist es aber nicht. Die State Fair gleicht mehr einem Dorffest, was der Stimmung aber nicht im geringsten abträglich ist. Die Band spielt Honky Tonk und Blue Grass, es wird getanzt, und zwar in echter Westernmanier im Gleichschritt und im Quadrat. Auch die Parade am nächsten Tag darf sich sehen lassen: Bär Smoky, das US-Nationalpark-Maskottchen, der Feuerwehrkommandant mit makellos poliertem Einsatzgefährt, die trommelnden Vertreter der indianischen Bevölkerung in Originaltracht und die vierbeinigen Teilnehmer des «most lovable dog»-Wettbewerbs, alle marschieren sie stolz die Hauptstrasse zum Hafen hinunter. Wir sind im lokalen Alaska angelangt, wie es leibt und lebt, alles wunderbar untouristisch.

Nicht das Goldfieber, nein, das Fischfieber, hat meinen Vater und Edith befallen. Ich habe mir gedacht, wir könnten uns die Zeit etwas mit Fischen vertreiben, zumal der Lachszug in vollem Gange ist. Wie sich herausstellt, bin ich mit dieser Idee nicht der Einzige. Sicher hundert weitere Fischbesessene versuchen, den Lachsen den Weg in die ewigen Jagdgründe etwas zu verkürzen. Doch der König unter den Fischern ist Meister Petz. Eine Bärenmutter bringt ihren drei Jungen die Kunst des Lachsfangens bei, und dies ganz ohne Fischerrute. Von unserem Quartett stellt sich Edith als wahre Könnerin heraus. Zwar hält meine Fischerrute dem Gewicht des ersten Lachses, der anbeisst, nicht stand, aber Edith versteht es, auch mit zerbrochenem Gerät noch einen an Land zu ziehen, wenn auch einen in Miniformat. Seit diesem Tag steht Fischen ganz oben auf der Wunschliste unserer zwei Gäste.

1. August feiern im Yukon

Wir fahren weiter nordwärts durch die unendlichen Wälder des kanadischen Yukon-Territoriums. Wer sich jetzt fragt, wieso wir ständig zwischen den USA und Kanada hin und her pendeln, der muss wissen, dass von Alaska ein Zipfel in den Süden hinunter hängt, der auf dem Land nur über Kanada erreichbar ist.

Wir paddeln und fischen auf dem fischlosen, aber wunderschönen Pine Lake. Olivia und ich wandern im wilden Kluane-Nationalpark, während Edith und mein Vater ein wunderbares 1.-August-Essen vorbereiten. Wir lassen uns gerne bekochen, denn die zwei sind absolute Gourmets. Wieder zurück in Alaska, genau genommen in Tok, übernachten wir auf einem Campingplatz mit dem klingenden Namen «Sauerteig». Dort sorgt ein selbsternannter Johnny Cash für ganz passable Abendunterhaltung, und Edith gewinnt beim Pfannkuchen-Werfwettbewerb ein gratis Frühstück.

Kenai-Halbinsel, Alaskas Spielplatz

Das nächste Highlight unserer Reise ist die Kenai-Halbinsel südlich von Anchorage. Sie wird dank ihrer unendlichen Outdoor-Vergnügungsmöglichkeiten auch «Alaskas Spielplatz» genannt. Wir wählen Seward als unseren Ausgangsort. Seward, ein kleiner Küstenort an einem langen Fjord gelegen, malerisch eingebettet zwischen hohen Bergen und Gletschern. Die Kenai-Halbinsel ist übrigens zur Freude meines Vaters ein absolutes Fischerparadies. In der Nähe von Seward fliesst der Russian River, und der ist zu dieser Jahreszeit voller Lachse. Zu Tausenden kämpfen sich die Riesenfische die Strömung hinauf. Ihre Zahl wird aber noch übertroffen, und zwar von den Fischern: Fischerstiefel an Fischerstiefel stehen sie in den Fluten, kaum genug Platz, um die Angel auszuwerfen.

Für mich ein deprimierendes Bild, wie sie Fisch um Fisch herausziehen und wieder reinwerfen, da bereits rot gefärbt und daher überreif und ungeniessbar. Nein, Fischen ist nicht mein Ding. Meinem Vater und Edith scheint es aber sichtlich Spass zu machen, und das ist die Hauptsache. Edith gelingt es, ein Prachtexemplar an Land zu ziehen, leider aber auch schon zu rot, und so landet der Fisch statt auf unserem Teller wieder im rettenden Nass. Hungern müssen wir trotzdem nicht, es gibt ja noch den Supermarkt, Petri Heil.

Zum Abschluss von Papis und Ediths Besuch werden wir von ihnen noch auf eine Fjordtour eingeladen. Wir besuchen den eindrücklichen Aialik-Gletscher, der sich direkt ins Meer ergiesst. Imposant, die Massen von Eis, die ins Wasser stürzen und jeweils einen ganzen Schwarm von Möwen aufscheuchen. Ob die Vögel das nie lernen? Es ist ja jedes Mal wieder dasselbe. Das Eindrücklichste dieser Tour sind aber die Tiere. Das ganze Spektrum von Meeressäugern offenbart sich uns. Von den Seelöwen über die Robben, den niedlichen Seeottern, den verspielten Delfinen bis hin zu den riesigen Buckelwalen.

Viel zu schnell ist es Zeit, wieder Abschied zu nehmen von unserem Besuch. Edith und Papi fahren mit dem Zug der Alaska Railroad zurück nach Anchorage, von wo sie in die Schweiz zurückfliegen. Vielen Dank Euch beiden für die nette Gesellschaft und das tolle Essen!

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