Hügeliges San Francisco, wildromantische Küsten in Nordkalifornien oder das Shakespeare-Festival in Oregons Weingegend: Diese Regionen haben es uns angetan.

Von Rafael

Die Strassen fast senkrecht, gesäumt von charmanter Architektur, unzählige Restaurants mit ausgezeichnetem Essen und Bars mit Livemusik, eine überquillende Chinatown, eine uralte Strassenbahn, die an Kabeln gezogen wird, und eine sehr markante rote Brücke. Sie können es eben doch hier im Westen, tolle Städte bauen. Nach Los Angeles haben wir schon beinahe daran gezweifelt.

Ja, es lässt sich gut leben in San Francisco. Leider haben wir mit der Wahl unserer Unterkunft etwas weniger Glück, wir logieren im Party-Hostel Nummer eins, es tanzen sogar die Flöhe in unserem Bett. Zum Glück können wir am nächsten Tag ein neues Zimmer beziehen, welches aber auch nicht viel besser ist, und so waschen wir vorsichtshalber gleich mal das ganze Bettzeug.

Die Stadt zeigt sich uns nicht gerade von der sonnigen Seite, sogar alteingesessene San Franciscaner klagen über den kältesten Frühsommer seit zwanzig Jahren. Genug geklagt, denn was macht der Schweizer, wenn es draussen richtig garstig ist? Genau, er geht ein Fondue essen. Also ab ins Restaurant Matterhorn. Das erste Schweizer Essen seit fünf Monaten, ein Hochgenuss.

Doch dann, beim Verlassen der Stadt, klart das Wetter auf, die grosse rote Brücke zeigt sich uns von ihrer goldensten Seite. Wir geben ihr den Übernahmen «Golden Gate».

Hohe Klippen und noch höhere Bäume

Und weiter gehts nordwärts. Begleitet von Schwärmen von Pelikanen fahren wir nun der nordkalifornischen Küste entlang auf dem kurvigen Highway 101. Sie ist der absolute Wahnsinn. Hohe Klippen, kleine Buchten, Seelöwen, Wiesen übersät mit Frühsommerblumen und malerische Küstendörfer. Im winzigen Bilderbuch-Dorf Mendocino lassen wir uns stundenlang in einem Hotpot aufweichen und philosophieren mit Aussteigertypen über Gott, die Umwelt und Obama.

Wer nun glaubt, dass nach den gigantischen Mammutbäumen im Sequoia-Nationalpark alles andere Pipifatz ist, der kennt den kaltfeuchten Redwood-Forest an Nordkaliforniens Küste nicht. Die Bäume, unter denen wir hier durchwandern, sind zwar massenmässig nicht die grössten der Welt, doch in Sachen Höhe sind sie die absoluten Gipfelstürmer. Der höchste misst 115 Meter, das sind immerhin fast vierzig Stockwerke. Dagegen sehen die riesigen Wapiti-Hirsche, die friedlich auf den Lichtungen grasen, gerade winzig aus. Es gibt hier sogar einen Drive-through-Tree, einen Baum mit Tunnel zum Durchfahren, sowas können auch nur die Amis den Bäumen antun. Unser Van passt da jedenfalls nicht durch, er ist zu gross.

Shakespeare auf Amerikanisch

Was haben Bauchtanz, Blue-Grass-Musik und Shakespeare gemeinsam? Genau, das alles gibt es in Ashland. Noch nie davon gehört? Auch nicht weiter verwunderlich.

Wir finden, dass nach so viel Sightseeing und Camping etwas Kultur auch nicht schaden könnte, und Kultur gibt es hier im Städtchen Ashland im wunderschönen Bundestadt Oregon mehr als genug. In Ashland findet nämlich den ganzen Sommer lang ein Shakespeare-Festival statt. Bevor wir uns aber der Hochkultur der englischsprachigen Theaterdichtung hingeben, relaxen wir noch am Musik-Openair, das ebenfalls an diesem Tag stattfindet. Es treten abwechslungsweise lokale Blue-Grass-Bands und Bauchtänzerinnen auf. Ein etwas seltsamer Mix, der aber vom Hula-Hup-schwingenden Hippie-Publikum gleichermassen mit Begeisterung aufgenommen wird.

Petrus meint es an diesem Abend nicht allzu gut mit den Openair-Theatergängern. Doch wir haben Glück, unser Budget reicht nur für die billigsten Plätze, und diese sind, im Gegensatz zu den viel teureren weiter vorne, überdacht. Wir schauen uns eine moderne Version des Stücks «Love’s Labor’s Lost» an. Obwohl ich mich eines nicht schlechten englischen Wortschatzes rühme, zeigt mir Shakespeare nun doch meine sprachlichen Grenzen auf, und das liegt wohl nicht am amerikanischen Akzent, mit dem er hier auftritt.

Surfen beim Zahnarzt

Ein Zahnarztbesuch steht an. Es handelt sich hierbei ausnahmsweise mal um einen der äusserst angenehmen Sorte. Wir besuchen Bryce, einen Zahnarzt, den wir in Samoa kennengelernt haben. Er war dort Teil einer karitativen Gruppe von dreissig weiteren Berufskollegen, die den Inselbewohnern die Beisser kostenlos reparierten.

Ein Haus auf dem Hügel über der Küstenstadt Astoria, mit Sicht auf den Hafen und die Fünfmeilen-Brücke über die Mündung des Columbia River: Der Standort, an dem Bryce mit seiner Frau Allie und zwei kleinen Kindern logiert, ist wirklich beneidenswert. Bryce ist ein typischer Pazifik-Nordwestler, von dessen Sorte wir in Zukunft noch so viele antreffen werden: ein Outdoor-Fan, unkompliziert, extrem hilfsbereit und gastfreundlich. Wir verbringen seinen freien Tag mit ihm und seiner Familie an der traumhaften Küste Oregons. Hier können wir zeigen, was wir in Hawaii gelernt haben, wir gehen surfen. Die Sportart ist dieselbe wie auf den eben genannten tropischen Inseln, die Bedingungen sind es jedoch nicht. Das Meer hat die Temperatur eines Gletschersees, was aber dem Spass keineswegs abträglich ist. Der Neopren-Anzug hält uns warm. Ich nenne es «Nordisch Surfen».

 

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